Ganz im Gegenteil gibt es hunderttausende mehr Erwerbslose und Unterbeschäftigte als offene Stellen. Dass diese (zu Recht!) nicht besetzt werden können liegt daran, dass viele dieser Jobs schlechte Arbeitsbedingungen, ungerechte Entlohnung und niedriges gesellschaftliches Ansehen haben. Ein weiterer Teil der offenen Stellen verlangt Fachpersonal, das es oft nicht in der benötigten Zahl gibt. Das liegt natürlich auch daran, dass immer weniger Unternehmen sich die Arbeit machen, dieses Personal auszubilden. Der Rest der offenen Stellen ist natürlich und unvermeidbar durch Pensionierungen, Jobwechsel, Karenzen usw.
Die Lösung des Problems kann aber in keinem Fall mehr Zuwanderung sein, denn zum einen sollen diese Menschen nicht in schlechten Jobs ausgebeutet werden, nur weil sich in Österreich niemand mehr für die Drecksarbeit findet. Zum anderen darf das Fachpersonal aus wirtschaftlich ohnehin schon schwächeren Ländern nicht weiter abgeworben werden, denn das führt schon seit vielen Jahren zu der Negativspirale des sogenannten Braindrains in den Heimatländern.
Die Antworten liegen aber nicht nur auf der Hand, sondern sind auch genauso einfach umzusetzen. Erstens braucht es in allen Berufen gute Arbeitsbedingungen und anständige Löhne, wobei der Gesetzgeber hier zum Beispiel durch einen Mindestlohn und eine verkürzten Arbeitszeit einfach und klar die Rahmenbedingungen festlegen kann, die nicht mehr unterschritten werden dürfen. Zweitens braucht es mehr Unternehmen die ausbilden, vor allem im Lehrlingsbereich. Zentral ist hier auch, dass Lehrlinge endlich anständig entlohnt werden und sie nicht weiter mit „Löhnen“ abspeist werden, von denen niemand leben kann. Auch hier ist der Staat gefragt, eine Untergrenze festzulegen, von der ein gutes Leben möglich ist. Drittens muss auch das Bildungssystem endlich einer grundlegenden Revolution unterzogen werden, wie es skandinavische Länder schon erfolgreich getan haben. Der Fokus muss dabei die Bildung und Ausbildung der Kinder und Jugendlichen sein, damit diese zu selbstdenkenden, selbstbewussten und emanzipierten Demokratinnen und Demokraten heranwachsen. Gebildet mit Grundwissen, gefördert nach eigenen Wünschen und Begabungen, gefestigt als Menschen, ausgestattet mit den nötigen Fähigkeiten, mit einer sich ständig verändernden Welt sicher, agil und produktiv umgehen können. Viertens soll auch Zugewanderten nach z. B. sechs Monaten die Möglichkeit der regulären Arbeit eröffnet und Qualifikationen einfacher anerkannt werden, anstatt sie oft jahrelang zur Untätigkeit und Abhängigkeit vom Sozialstaat zu zwingen.
Dies sind vier konkrete und längst überfällige Schritte, die alle auf der Hand liegen und Großteils einfach und teilweise sofort umsetzbar sind. Natürlich wird vor allem der Umbau des Bildungssystem etwas länger dauern und sich erst in einer halben bis einer Generation in seiner vollen Entfaltung zeigen. Aber das ist nur umso mehr Grund dafür, die Bildungsrevolution heute anzugehen.
Es ist Zeit.