Dabei handelt es sich nicht um eine Alkoholsteuer oder Autosteuer die vermeintlich alle Österreicher und Österreicherinnen betreffen würde. Nein. Es geht um die sogenannte Millionärssteuer, die auf Vermögen über 1 Million Euro fällig wird. So viel Geld wie nur 5 Prozent[1] der österreichischen Haushalte besitzen. Und selbst von denen wären die meisten kaum betroffen, da die Steuer nur für jeden Euro über der ersten Million gilt. Trotzdem fühlen sich schon jetzt praktisch alle in Österreich von der bevorstehenden Steuer geschröpft. Sicher auch weil die ÖVP oder Propagandainstitutionen wie die Agenda Austria Angst vor einer neuen Mittelschichtsssteuer schüren. Abgesehen davon, dass niemand mit einem Vermögen über einer Million Euro zur Mittelschicht gehört, würde auch eine Vermögenssteuer mit niedrigerem Freibetrag, zum Beispiel ab 500.000 Euro nur 11 Prozent der Haushalte betreffen. Also noch immer weit weg von der Mittelschicht, der rein rechnerisch bei einem Besitz von 137.520 Euro [2] endet. Die bittere Wahrheit lautet also: Wir sind nicht alle Millionäre. Nicht einmal Halbmillionäre oder Viertelmillionäre. Ja, wir sind von beidem sogar ziemlich weit entfernt. Ob in Anbetracht dieser Zahlen überhaupt von der Existenz einer Mittelschicht gesprochen werden kann, darf angezweifelt werden.
Noch mehr verwirrt bei der breiten Ablehnung die Tatsache, dass die Vermögenssteuer dazu dient, Entlastungen für die breite Bevölkerung zu finanzieren. So soll mit ihr zum einen die Senkung der Steuern auf Arbeit finanziert werden und zum anderen der extremen Ungleichverteilung von Vermögen entgegen gewirkt werden. Gerade hier hat Österreich durch die Klientelpolitik der vergangenen Jahrzehnte eine Situation geschaffen, in der das reichste 1 Prozent stolze 41 Prozent des Gesamtvermögens besitzt. Die reichsten 5 Prozent sogar 59 Prozent[3], also mehr als die Hälfte des Vermögens in Österreich. Unter den Industrienationen ist Vermögen nur noch in den USA ungleicher verteilt. Die Vermögenssteuer dient also auch dazu, die falsche und ungerechte Steuerpolitik der letzten Jahre zu korrigieren und der arbeitenden Bevölkerung etwas von dem zurückzugeben, dass ihnen unfairerweise vorenthalten wurde.
Doch 8 Millionen MillionärInnen?
Warum also die breite Ablehnung gegenüber dieser Maßnahme? Leiden alle am Stockholmsyndrom, oder haben die Österreicher und Österreicherinnen doch heimlich Millionen unter dem Kopfpolster gebunkert?
Zweiteres kann ausgeschlossen werden, wie aktuellen Studien beweisen[4]. In der Stockholmsyndrom-These liegt aber etwas Wahrheit, da viele sich von den sozial Schwachen abgrenzen wollen und sich deswegen mit den finanziell Bessergestellten identifizieren. Und das, obwohl die meisten von uns Obdachlosen vermögensmäßig näher sind, als einem Angehörigen der reichsten 10 Prozent.
Der wirkliche Grund für die überraschend große Ablehnung liegt in unserer Politik. Die Menschen haben nach Jahrzehnten von gebrochenen Wahlversprechen, Parteibuchwirtschaft, Korruption, Ignoranz und Arroganz nicht mehr das geringste Vertrauen in unsere sogenannten VolksvertreterInnen. Nach Skandalen wie der Hypo, die uns vermutlich knapp 20 Milliarden Euro kosten wird, oder PolitikerInnen, die vor laufender Kamera Gesetze für 100.000 Euro anbieten, kann uns das wohl niemand verübeln. Dazu kommt noch die konzertierte Propaganda von einigen Wenigen mit ihren Medienkonzernen und perfekt ist die Situation in der wir jetzt sind.
Opfer dieser Propaganda ist auch die SPÖ geworden, die sich mangels Selbstvertrauen und Durchsetzungskraft von einem ihrer zentralen Wahlkampfversprechen abbringen hat lassen. Übrig bleiben die Menschen, die egal wo sie ihr Kreuz machen, immer dieselbe Politik erhalten. Demokratie führt sich so ad absurdum.
So weit so schlecht so bekannt
Der erste und wichtigste Schritt daran etwas zu ändern ist sich selber zu informieren. Abseits von gefärbten Massenmedien, Werbebroschüren von Parteien oder vermeintlichen überparteilichen Informationsquellen[5]. Informierte und mündige Menschen glauben nicht jeden Blödsinn, der ihnen aufgetischt wird und können informierte Entscheidungen treffen. Wie Schritt zwei aussieht muss jeder und jede für sich selber entscheiden. Klar ist aber, dass wir uns von der derzeitigen politischen Elite keine merkbaren Änderungen des Status quo erwarten können.
[1] Quelle: http://media.arbeiterkammer.at/PDF/Vermoegen_in_Oesterreich.pdf
[2] Erklärung: Bei Vermögen gibt es keine einheitliche Definition von Mittelschicht. Hier wurde es analog zur Einkommensmittelschicht, die von 60% bis 180% des Medianeinkommens reicht, berechnet. Das Medianvermögen beträgt 76.400 €
[3] Quelle: http://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/scpwps/ecbwp1692.pdf
[4] Quelle: http://media.arbeiterkammer.at/PDF/Vermoegen_in_Oesterreich.pdf
[5] zB. www.der-mittelstand.at betrieben von der Raiffeisen Bank, Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer